„Zaches und Zinnober“ gastierten mit Kleinkunst bei Kiebitzen
Pfinztal (ee). „Himmel, Arsch und Zwirn“ oder aber verständlich ausgedrückt „Was kümmern uns die Leute, wir leben heute“, war wohl die Generalaussage zu zwei Stunden ansprechender Kleinkunst. „Zaches und Zinnober“ waren die beiden Verantwortlichen, die sich aus einem Märchen von E. T. A. Hoffmann ihre Künstlernamen ausborgten und die im Alltag Michael Zachcial und Ralf Siebenand heißen.
Bei der Doppelveranstaltung (getrennt für Kinder und Erwachsene) in der Berghausener Gemeindehalle kamen jedenfalls alle auf ihre Kosten, wobei die Kleinen im Programm gar aktiv mitmachen durften. Dem Veranstalter Kulturtreff Kiebitz gelang mit der nachhaltig gelungenen Präsentation der beiden aus Bremen angereisten Nordlichter eine weitere Aufwertung der Kulturszene in der Gemeinde.
Zaches und Zinnober zogen trotzdem voll vom Leder und servierten eine vielbeklatschte Mischung aus Blues, Rock, Chanson, Poesie und musikalischer Virtuosität, Lied und Kabarett sowie Maskerade und Entlarvung. Weit ausgeschöpfte Klangmöglichkeiten auf Gitarre, Mundharmonika und Akkordeon von Zaches sowie mit Synthesizer, Sopran- und Tenorsaxophon von Zinnober waren beste Komponenten einer witzig-spritzigen Show. Ein peppiger Song-Sponti, den der Blues in scheinbar allen Lebenslagen ereilt, dieses Bild vermittelte Zaches nicht nur beim „Ich-häng-schon-viel-zu-lang-rum-Blues „.
Seine Texte, Erzählungen und Gedichte aus dem Alltagsleben rüttelten wach, wobei ein großer Teil unter dem Leitsatz „Der blutige Ernst“ stand. Sein „Fett“ weg bekam hierin auch „Der König, der seine Probleme aussitzt, dadurch Schwierigkeiten mit dem Darm hat und sich schließlich am Wolfgangssee erleichtert“. Eine gewiß dunklere Seite offenbarte eine schwermütig, literarisch ambitionierte Balladentrilogie: vom roten Faden, dem schwarzen Band und dem Galgenstrick. Dichterische Qualitäten mit einem Strich ins Absurde ließen dabei Autobiographisches und Gesellschaftskritik zu einer Einheit, unterlegt mit einfühlsamer Musik, verschmelzen. Flotte Mehrzeiler, zumeist „einfach aus dem Leben gegriffen“ taten wirkungsvoll ein übriges.
In Lieder und kleine Gedichte verpackt, hatte das Duo den Auftritt am Nachmittag vor vielen Kindern. Abenteuer und Gefahren aus dem Reich der Tiere wurden in verschiedenen Phonstärken erzählt und gesungen. Es galt ja schließlich, getreu dem Motto „Wie der Elefant den Rock ´n´ Roll erfand“, das Ganze wahrheitsgetreu bekanntzugeben. Am Anfang stand hier ein Schnupfen, den sich der graue Riese geholt hatte, was den Löwen zum Brüllen und die Kinder zum Niesen im Takt brachte.
Badische Neueste Nachrichten, 18.10.1994
mit freundlicher Genehmigung