Poetischer Ansturm gegen unkritisches Spießertum
Höhen und Tiefen des Lebens beleuchtet – Blues und Balladen als Vermittler
Achern-Fautenbach (lo) Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens – auf diesen Nenner könnte man die Veranstaltung des Folk-Club Achern im Gasthaus „Wagen“ in Fautenbach bringen: Zachze, alias Michael Zachcial, geboren 1963 in Duisburg. seit, drei Jahren wohnhaft, in Bremen, Vater eines dreijährigen Sohnes, gab sein Debüt im Süden der Republik vor einer kleinen, aber begeisterten Zuhörerschar.
Obwohl Mitglieder des Folk-Clubs vorher eine Anlage aufgebaut hatten, stieg der „Song-Sponti“ (Kehler Nachrichten) .spontan von der Bühne und mischte sich unter die Zuschauer So erlebte man hautnah die musikalische und poetischen Schwingungen eines kleinen Genies. Zachze, momentan auf Tournee in Deutschland, offenhalte in den Texten seiner Lieder Widerwillen gegen Ungerechtigkeit. Obrigkeit und Unterordnung.
Zachze, der bereits mit 14 Jahren Lieder und Gedichte unter der Schulbank schrieb, später Politik. Soziologie und Germanistik studiert hat und jetzt als Liedermacher von Engagement zu Engagement zieht, hat in den wenigen Jahren seines Wirkens schon Erstaunliches zustandegebracht,; dieses Jahr sogar eine CD mit dem beziehungsreichen Titel ..Himmel, Arsch und Zwirn“ – dieser „Fluch“ offenbart sich in seinen Liedern auf höchst ironische Weise – Spott gegen sattes, selbstzufriedenes Spießbürgertum, das kritisch denkende Menschen sofort verzweifeln laßt.
Drei Balladen, sicher der Höhepunkt seines Auftritts, beschreiben die innere Unruhe des Menschen: die erste Ballade vom loten Faden „erzählt“ ein eindrucksvolles Poesiegemälde von der Suche nach dem Sinn des Lebens; im Text druckt sich eine tiefgründige Sehnsucht nach Menschlichkeit und Geborgenheit aus. Unterstützt werden die Texte von einer Melodie voll Melancholie, die im Gegensatz steht zu Lachses Bluessongs – zwei Seelen eines Liedermachers, der immer wieder den ,,roten Faden“ sucht.
Ungewöhnlich auch seine musikalische Begleitung: Zachze. am Vortag noch in Koblenz, danach in Wiesbaden, erschien gleich mit vier Instrumenten – aber ohne Auto. Er tingelt ganz unkonventionell mit dem Zug -immer dabei Gitarre, Akkordeon und Rucksack, in den er seine restlichen Instrumente verpackt: die Bluesharp und ein Keyboard. Das Keyboard, dem man 30 verschiedene Rhythmen entlocken kann, gleicht einer pistolenähnlichen, batteriebetriebenen Minigitarre.
Sein Lieblingsinstrument aber ist die Mundharmonika, auf der er virtuos bluest: den Radio-, Schnorrer-, Froschblues oder den „Ich-häng-schon-viel-zu-lange-rum-Blucs“; herzerfrischende, spritzige Songs aus dem Alltag, rotzfrech verpackt; der Blues ereilt ihn in allen Lebenslagen, sei es beim Langschläfer, dessen Wecker morgens um viertel vor sieben klingelt, oder. wie im Lochblues das Loch in der Tasche, im Hirn oder im Leben besungen wird.
Abgerundet wird Zachzes Programm von Liedern aus dem Kohlenpott, dessen Schornsteine er ständig vor Augen hat, oder durch das Lied zur Wahl „Ich gebe meine Stimme nicht ab, ich brauche sie nämlich selber!“ Als Zachze aufhören wollte, trieb ihn das faszinierte Publikum zu sieben bis acht Zugaben. Es gab sogar „standing Ovation“ für den Liedermacher, nämlich als er die Zuhörer zum Aufstehen und Mitmachen animierte, beim Lied von den drei kleinen Schweinen. Schade, daß nicht mehr Zuhörer den Weg an diesem Abend in den „Wagen“ fanden.